Mittwoch, 2. Mai 2012

30.04. MERRY; ein Konzertbericht.

Vorgestern (da inzwischen schon der zweite Maerz angebrochen ist) waren Pachi und ich auf dem Konzert der Rock-Band MERRY, die sie schon sehr lange mag und die ich moegen gelernt habe, seitdem ich hier bin. Wir singen immer(!) Lieder von ihnen im Karaoke, wenn auch eher schlecht als recht... aber das ist eine andere Geschichte.

 Der Saenger Gara performt さよなら雨 Sayonara Rain

Das Konzert war im Zepp Tokyo, was sich auf der kuenstlichen Insel Odaiba in der Bucht von Tokyo befindet. Vom Wohnheim bis dorthin haben wir ungefaehr zweieinhalb Stunden gebraucht. Wir waren frueher da, sodass wir die Zeit ein bisschen nutzen koennen, nochmal Glitzer-Purikura (ja die sind wichtig) machen und in Ruhe etwas essen koennen. Dummerweise haben wir entdeckt, dass es im japanischen Starbucks Schokoladen Cookie Crunch Frappuccinos mit weißem Schokoladenpudding gibt...... danach war uns schlecht. Ziemlich schlecht. So supergut war's auch nicht. Bei uns in Berlin gibts das sicherlich nicht, glaub ich. Fuer Pudding oder solchen Schnickschnack haben wir sowieso keinen Platz in unserer kleinen Kaschemme. 

Jedenfalls! Dachten wir, Konzerte sind ja ueberall auf dem Erdball gleich. Ha, denkste. Auch das schafft Japan auf ueberaus japanische Art und Weise umzuwandeln. Beim Einlass traf uns der Kulturschock gleich doppelt und dreifach: Circa zweitausend vor der Halle wartende Menschen wurden nach ihrer Kartennummer zum Einlass ausgerufen. Jeder. Einzeln. Jede einzelne verdammte Nummer. Das waere in Deutschland oder eigentlich ueberall auf der Welt unmoeglich. In Berlin startet vor der Konzerthalle jedes Mal Krieg, sobald der Einlass geoeffnet wurde. Hat 'ne ganze Weile gedauert bis wir das Prinzip verstanden haben, da durch die Lautsprecher das Japanisch superschwer zu verstehen war. Zudem haben sie Zahlen wie 675 angesagt und auf unseren Tickets stand C42 und C43. Da sie aber keinen Buchstaben durchgesagt haben, wussten wir ueberhaupt nicht, ob wir jetzt schon dran waren oder erst rankommen. Kurzer Smalltalk mit einer nebenstehenden Japanerin hat Klarheit gebracht; Keine Panik, C ist noch lange nicht dran. Super. 677, 678, 679...

Als wir drin waren haben wir uns erst einmal fuers Merchandise angestellt, ich hab jedoch nichts gekauft da die T-Shirts mir nicht gefallen und dafuer mit 3000 Yen zu teuer waren. Pachi hat sich ein T-Shirt gekauft. Da wir erst am Ende reingelassen wurden ging es ungefaehr fuenf Minuten spaeter los, nachdem wir die Halle betreten hatten. Und zwar puenktlich um 18 Uhr wie angekuendigt!! Nicht erst um 19 oder etwa 19:30 wie Standard in Berlin. Jaja, Berlin...

Hier begann aber erst der eigentliche Kulturschock. Pachi und ich hatten einen super Platz, ziemlich genau von allen Seiten in der Mitte der Halle standen wir. Da die durchschnittliche Japanerin wesentlich kleiner ist als wir und der durchschnittliche Japaner ungefaehr so groß wie wir oder kleiner konnten wir die komplette Buehne sehen was SEHR cool war. So gut hab ich noch nie gesehen, schon gar nicht von der Mitte der Buehne aus. 

Dann ging das Licht an, Musik spielte und die Japaner: schwiegen. Nicht einen Mucks haben die gemacht. Leicht verwirrt verschreckten wir alle in unserer Umgebung mit "woaaahhh" Geschreie, wie es sich fuer ein Konzert gehoert. Man will der Band ja mitteilen, dass man sich freut. Dann die ersten Takte, und die Japaner standen immer noch wie versteinert alle an ihrem Platz. Dann ploetzlich, an einer bestimmten Stelle im Lied, fingen ploetzlich ALLE(!!) Japaner gleichzeitig an, eine bestimmte Handbewegung zu machen. Pachi und ich haben uns super erschrocken und sind bis heute verwirrt darueber, woher die Japaner scheinbar alle wussten, was sie genau wann zu tun haben. Geschrien wurde dafuer so gut wie gar nicht.

Waehrend in Berlin alle wild durcheinander schreien, tanzen oder pogen, scheint das in Japan anders zu laufen. Soweit wir das sehen konnten, gab es scheinbar bei jedem Lied eine vorgegebene Choreografie. Wir wissen absolut nicht, wer die macht und woher die kommt, aber circa 80% aller anwesenden Japaner hat groeßtenteils exakt dasselbe gemacht. Erstaunlich war vor allem, WAS sie gemacht haben. Man kann das schlecht mit Worten beschreiben, aber teilweise haben sie ihre Haende so wellenfoermig von links nach rechts bewegt oder so, als wuerden sie ein großes Orchester dirigieren. Aber alle! Es gab auch ein paar Bewegungen die so aehnlich aussahen wie der Tanz von YMCA.  Auch beim Headbangen ging es sehr hoeflich zu und alle haben an exakt derselben Musikstelle mit dem Kopf gewackelt, natuerlich im Rythmus, was super witzig aussah. Wie  Hamster auf Ecstasy, weil man nur so kleine Haarbueschel gesehen hat.

Die Erstaunung nahm allerdings kein Ende, es ging sogar noch besser, naemlich bei den Balladen. Wenn ein langsames Lied gespielt wurde sind die Japaner einfach eingefroren. Die haben sich wirklich nicht einen Zentimeter bewegt. Das geilste war aber jedes Mal, wenn das Lied dann vorbei war: Da haben doch echt alle ganz hoeflich und leise geklatscht, als ob sie sich gerade eine Oper angesehen haetten. Pachi und ich konnten es nicht glauben und haben stattdessen wieder "Woaaahh" oder "Leberwurst!" reingerufen um der Band unser Gefallen zu bekunden. Dafuer hatten wir als boese Auslaender immerhin viel Platz, da alle ungefaehr einen Meter Sicherheitsabstand zu uns gelassen haben.

Das Konzert selbst war supergut; es war das Abschlusskonzert der Tour und gleichzeitig zehnjaehriges Jubilaeum der Band. Gespielt haben sie zweieinhalb Stunden mit zwei kleinen Pausen was fuer circa 45€ absolut in Ordnung war. (Rammstein hat fuer 80€ gerade mal 'ne Stunde durchgehalten..ich bin bis heute sauer!) Der Saenger war zudem wesentlich besser, als wir ihn live eingeschaetzt hatten; um ehrlich zu sein klang seine Stimme sogar viel besser als auf den Alben. Der Schlagzeuer hat mit seinem Solo das Publikum eine Viertelstunde alleine bei Laune gehalten, wobei Niko sicherlich gruen vor Neid gewesen waere denn. Er war schnell. Supermegaschnell um genau zu sein.  Am Ende gabs dann noch glitzernden Konfettiregen und eine superlange "Zugabe".

 MERRY performing ジャパニースモダニスト "Japanese Modernist". Wer kein Geschreie mag, sollte zumindest die ersten 1:30 ueberspringen, da davor nicht so viel passiert. Wer wissen will, wie die Handbewegungen der Japaner aussehen, die ich oben beschrieben habe, sollte bei der zweiten Haelfte des Videos auf das Publikum achten! Das Lied haben sie uebrigens relativ am Ende gespielt worueber Pachi und ich sehr gluecklich waren, da es eines unserer Lieblingslieder und Favoriten im Karaoke ist!

Fazit: Groeßter Kulturschock bis jetzt. Pachi und ich waren so gluecklich ueber das gute Konzert, dass wir eventuell Anfang August noch einmal gehen, falls wir dafuer Karten bekommen. Gut war's! Die naechsten fuenf Tage haben wir beide frei weil drei Feiertage vor das Wochenende fallen. Falls irgendwas spannendes passiert, lass ich es euch wissen! (: 
Bis dahin macht's gut!

Sam.

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